Institut für Einfachheit

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Tesco in der Komplexitätsfalle oder: Wofür braucht man noch das Top Management?

Artikel vom 10.02.2015

Tesco, mit fast 100 Mrd. USD Nettoumsatz einer der größten Einzelhändler der Welt, ist durch Aldi und Lidl mächtig unter Druck geraten. Die Discounter bieten dauerhaft niedrige Preise, einfaches Navigieren durch die Filiale, keine Tricks und ein konsequent kundenorientiertes Angebot.

Tesco verkauft 28 Sorten Ketchup, Aldi dagegen nur eine einzige Sorte. Tesco hat 98 Sorten Reis im Sortiment, Aldi nur 6. Bei Tesco gibt es sagenhafte 283 Sorten Kaffee, bei Aldi nur 20. Das Sortiment von Tesco ist einkaufsgetrieben, Aldi agiert kundenorientiert. Tesco verdient durch Listungsgelder, Aldi verdient durch hohen Umsatz mit jedem Artikel. Die 90,000 Artikel von Tesco sorgen für enorme Komplexitätskosten. Das sind versteckte Kosten in Verwaltung, IT und in den Abläufen. Jeder Artikel muss verhandelt, disponiert, bestellt, geliefetr und gelagert werden und braucht Regalplatz. Tesco hat nur die Einnahmen von Listungsgelder gesehen. Und natürlich macht jeder Artikel (ein bißchen) Umsatz.

Das Verständnis von Komplexitätskosten in den Unternehmen durch Ausweitung von Sortimenten, Modellen oder Varianten ist noch immer erstaunlich schwach ausgebildet.

Der eigentliche Skandal ist aber nicht das zu große Sortiment bei Tesco. Der Skandal ist, dass nun die Boston Consulting Group helfen soll, das Sortiment um 27.000 Artikel zu reduzieren. Was qualifiziert BCG und warum ist der Tesco Vorstand dazu nicht selbst in der Lage? Tesco hat die Unternehmensführung ausgelagert. Sortimentsgestaltung ist die zentrale Aufgabe für jede Unternehmensleitung. Schlechtes Management findet bei Tesco seine Fortsetzung. Was macht der Vorstand den ganzen langen Tag? Sicherlich wird BCG mit Hilfe von geheimnisvollen Tools rechnen und optimieren, um die „richtigen“ Artikel auszulisten. Mit dem Geld der Aktionäre. So wird Tesco nicht bestehen im Markt, wenn man sich nicht selbst um die Kernaufgaben kümmert.