Institut für Einfachheit

Beratung nach dem Prinzip der konsequenten Einfachheit

Lufthansa: Doppelte Statusmeilen statt einfach gute Unternehmenspolitik

Artikel vom 20.03.2012

Heute erhielten wir eine verlockende Werbung aus dem Hause Lufthansa: etwas vereinfacht erhalten Passagiere auf ausgewählten Strecken nach Asien zwischen dem 1.4.2012 und 30.6.2012 doppelte Statusmeilen. Das gilt allerdings nicht auf allen Strecken nach Asien; eine Liste der Flugnummern wird im Kleingedruckten aufgeführt. Ebenso wird auf gesonderte Registrierung hingewiesen, und die Buchung muss vor dem 31. März erfolgen. Auch wird eine maximale Meilenzahl erwähnt, und auch auf weitere Einschränkungen (Beispiel Executive Bonus) wird nicht verzichtet.

Was fällt uns dazu ein?

  1. Was soll diese Werbung bewirken? Glaubt die LH wirklich, dass Menschen einen langen und teuren Asienflug buchen, weil es 50 % mehr Statusmeilen gibt? Fliegt jetzt ein Urlauber oder ein Manager lieber nach Singapur, obwohl sein Geschäftspartner in den USA sitzt? Werden jetzt Besprechungen aus Rio de Janeiro nach Dubai verlegt, um mit den brasilianischen Partnern zu verhandeln? Wird aus den Osterferien in der Karibik nun schnell ein Stadtbummel durch Hongkong? Zu vermuten sind doch eher Mitnahmeeffekte, also Kosten.
  2. Kann es sein, dass diese Vermeilung und Marketingwut der Lufthansa negative Auswirkungen auf ihre bereits stark in Mitleidenschaft gezogene Profitabilität hat? Der Gewinn des Unternehmens ist im vergangenen Jahr stark zurück gegangen. Jede Promo bedeutet eine Menge Administration. Siehe allein die Bedingungen im Kleingedruckten. Bei der Lufthansa gibt es keinerlei Wissen über den Umgang mit Komplexität. Siehe auch das Preissystem.
  3. Was soll man davon halten, wenn man vermehrt in andere Regionen dieser Welt fliegt, beispielsweise nach Lateinamerika? Wir haben noch nie mehr Meilen für unsere sehr regelmäßigen LH Flüge dorthin bekommen. Warum eigentlich nicht? Sollte unsere Treue nicht belohnt werden? Wenn jetzt mal ein „Hin-und-wieder-Flieger“ mit Lufthansa nach Dubai in der Eco fliegt, wird er besonders belohnt.
  4. Die Werbung der LH und ihrer Tochtergesellschaften ist inflationär. Meistens kommen auch gleich ähnliche Angebote von ihren Töchtern aus der Schweiz und Österreich. Das ist offenbarte Hilflosigkeit und hat mit gutem Management nichts mehr zu tun.

In diesem Zusammenhang fällt uns ein, was der Chefredakteur des Handelsblatt,  Gabor Steingart, unlängst in seinen sehr lesenswerten Morningbriefings schrieb:

„Wer mit der Deutschen Lufthansa fliegt, könnte meinen, die Firma verdient mit ihren Kunden gutes Geld. Der Platz zwischen den Sitzreihen jedenfalls schrumpft mit jedem Modell: 2004 betrug der Abstand noch 86,36 Zentimeter, 2005 waren es 81,28 Zentimeter, in den aktuellen Kabinen sind die Sitze auf einem Abstand von 76,20 Zentimeter montiert. Doch all die Sparmaßnahmen haben der Fluglinie nicht viel genutzt. Der Gewinn brach im Jahr 2011 um 50 Prozent ein.“

Und:

„Die Sitzreihen sind schon heute derart dicht aufgestellt, dass der nächste Schritt wohl der wäre, den Vordermann auf den Schoß zu nehmen.“

Die Marketingausbrüche des Herrn Deprosse und die Rotstifte des Herrn Dr. Franz werden nicht zu zufriedenen Kunden und zu besseren Ergebnissen führen. Sie führen am Wesentlichen vorbei. Wer jemals die veraltete Business Class, die Viehtransporte hinter dem Vorhang oder die überfüllten Lounges der Lufthansa genossen hat, schielt gerne zur Konkurrenz. Erst seit letztem Sommer ist das Internet in den LH Lounges kostenfrei. Das Angebot stimmt nicht. Die Werbung offenbart dieses. Was ist wesentlich, Herr Dr. Franz?