Institut für Einfachheit

Beratung nach dem Prinzip der konsequenten Einfachheit

Abitur und Baccalauréat: zentral versus dezentral

Artikel vom 16.08.2011

In einem unserer Coachingbriefe (In 3 Jahren zum Management der Einfachheit) haben wir die Probleme diskutiert, die wiederholt beim Zentralabitur in NRW passiert sind. Wir haben über die Anmaßung der Vernunft (Hajek) geschrieben, die uns Menschen glauben machen will, wir könnten alles wie eine Maschine genau programmieren – nur eine Frage des Aufwands und der Planung. Nichts können wir! Zentrale Systeme sind anfälliger und schwerer zu beherrschen als dezentrale. Zentrale Fehler führen zu grossen, schwer wieder behebbaren Problemen. Kleine Fehler, die in dezentralen Systemen passieren, führen zu kleinen und schnell wieder korrigierbaren Problemen.

Kürzlich hat dann auch in Frankreich eine landesweite, zentrale Abitur Aufgabe für Aufsehen gesorgt und wieder einmal gezeigt, wie verheerend zentrale Fehler wirken können, sodass sich sogar Präsident Sarkozy einmischte. Dort wurde am Vorabend des „Bac S“ eine der vier Mathematikaufgaben im Internet publiziert. Das hat landesweite Konsequenzen, wenn man ein „Zentral-Bac“ hat. Eine Wiederholung lehnte der Erziehungsminister Luc Chatel ab wegen immenser organisatorischer Schwierigkeiten und hoher Kosten.

Wer sich mit dem Zentralabitur in NRW, anderen Bundesländern oder auch im Ausland beschäftigt, stellt fest, dass reichlich Pannen und Probleme durch die Zentralisierung kreiert werden, die bei dezentraler Verantwortung und Durchführung nicht entstanden wären. Jedes dann auftretende Problem wäre von so kleinem Ausmaß, dass es schnell und unkompliziert (und ohne viel Presse und große Politik) durch den verantwortlichen (!) Lehrer vor Ort gelöst worden wäre.

Dort, wo die Lösung in der Zentralisierung gesucht wird, stellen wir meist fest, dass den entscheidenden Personen das notwendige Wissen über die Zusammenhänge und Wirkungsweisen von komplexen Systemen fehlt. Zentrale Systeme sind in der Regel eben nicht einfacher steuerbar. Zusätzliche Kontrollmechanismen wie der ABI-Tüv in NRW machen die Systeme sogar noch anfälliger und undurchsichtiger. Dezentrale Systeme dagegen sind überschaubarer, Probleme leichter zu erkennen und schneller zu lösen. Sie bringen nicht das Gesamtsystem ausser Kontrolle und sind in ihrem Betrieb und bei Problemlösung günstiger.Vielleicht das Wichtigste: sie arbeiten nach dem Prinzip klarer Verantwortung. Je grösser das System, je komplexer die Organisation desto schwieriger ist es, den oder die Verantwortlichen zu finden, wenn es nicht funktioniert.