Elektroschrott Komplexitäts-Desaster
Artikel vom 22.06.2009Elektroschrottgesetz – eines der vielen Komplexitätsmonster – gescheitert
Die Zeit vom 12. März 2009: „Das Elektroschrottgesetz ist gescheitert“. Zwar jubelt des Umweltministerium immer noch. Es sei drei Jahre nach Inkrafttreten eine „positive Bilanz zu ziehen“. Experten beschreiben es ber hinter verschlossenen Türen als „grottenschlecht“.
Den folgenden Text veröffentlichte ich in meinem Buch „Die Aldi-Diät für Deutschland – Rezepte für eine einfache Politik“ Anfang 2007. Heute zeigt sich, dass dieses Gesetz total gescheitert ist. Bundesregierung und EU hätten sich und uns Komplexität ersparen können. Nur etwas mehr nachdenken, etwas mehr gesunden Menschenverstand einschalten, allenfalls mal einen Versuch machen. Und vor allem: nicht alles regeln. Es gibt so viel Wichtiges.
Mit dem ≥Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten“ (Elektro- und Elektronikgerätegesetz vom 16.3.2005) wurden zwei EU-Richtlinien umgesetzt. Der Gesetzgeber nennt zwei durchaus bedenkenswerte Begründungen: Umweltschutz und Recycling. Aber braucht man dafür höchst komplizierter Detailbestimmungen mit 25 Paragraphen? Muss der Gesetzgeber sich darum sorgen, dass teure Rohstoffe künftig besser recycelt werden? Kann der Markt das nicht besser, wenn die Stoffe doch so wertvoll sind?
Das Gesetz ist komplex, weil es eine Reihe von Beteiligten mit einer Unzahl von Regelungen verbinden muss: die Hersteller der Geräte, die Händler und Importeure, kommunale und private Sammelstellen und vor allem jeden Bürger, bei dem Elektronikschrott anfällt. Den muss er nun gesondert zu den kommunalen Recyclinghöfen bringen, auch defekte Toaster, elektrische Zahnbürsten, elektrische Armbanduhren, Taschenrechner, Bügeleisen und Blutdruckmessgeräte. Der Gesetzgeber hat weitere Anforderungen an die Bürger gestellt. Sie müssen nämlich zum Beispiel nach § 12 Absatz 3 ihre Altgeräte so behandeln, dass bei Haushaltskleingeräten wie Rasierapparaten und Armbanduhren der Anteil der Verwertung mindestens 75 Prozent des durchschnittlichen Gewichts des Gerätes beträgt. Also beachten: nicht vorher ausschlachten oder zerstören! Alles das darf nicht mehr in die Mülltonne. Aber: Ob sich der Bürger gesetzestreu verhält oder nicht, wird weder kontrolliert noch mit einem Bußgeld belegt.
Die Industrie schätzt die Entsorgungskosten auf 500 Millionen Euro im Jahr. Die formalen Anforderungen an die Hersteller sind überaus bürokratisch und würden einem Normalbürger auch nach wochenlangem Nachdenken nicht einfallen. Man sollte fragen: Ist dieses Gesetz notwendig oder sinnvoll? Was wäre eine Alternative?
Das Gesetz ist notwendig geworden, weil es eine EU-Richtlinie umsetzen muss. Es wäre aber die Verantwortung der Bundesregierung in Brüssel gewesen, ein solches Gesetz dort zu verhindern oder anders zu gestalten. Die gesetzliche Anforderung wird nicht umzusetzen sein und damit unwirksam. Welcher Bürger nimmt seine elektrische Zahnbürste, sein defektes Handy oder den kleinen Taschenrechner und bringt sie zum kommunalen Recyclinghof? Selbstverständlich ist es sehr sinnvoll, gefährliche Stoffe wie Chemikalien, Säuren und radioaktive Abfälle gesondert zu entsorgen. Viele wissen, dass man mit Batterien so umgehen sollte. Dafür sollte man durchaus eine passende Regelung haben.
Als Problemlösung für Elektroschrott könnte man allenfalls ˆ wenn überhaupt sinnvoll ˆ wie bei Pappcontainern gesonderte Behälter vorrätig halten. Großgeräte wie Kühlschränke sind schon heute nicht das Problem: Sie werden weiterhin in den kommunalen Sperrmüll- oder Recyclinghof gesammelt.