Institut für Einfachheit

Beratung nach dem Prinzip der konsequenten Einfachheit

Rezension: „Die Aldi-Diät für Deutschland – Rezepte für eine einfache Politik“

Artikel vom 09.07.2007

Rezension von Volker Müller, Redakteur Das Parlament„ am 19.3.2007 / Überschrift „Mit Discounter-Tipps zum schlanken Staat“

Seine wichtigsten Thesen:

·Dieter Brandes‚ Politik-Ratgeber verharrt an der populistischen Oberfläche

·Seine Zielgruppe sind die Abgeordneten, die unsägliche Gesetze produzieren, und die Beamtenschaft, die diese komplizierten Regelungen umsetzen muss.

·nun weiß auch der Autor, dass es zwischen Aldi und der Bundesrepublik Deutschland noch gewisse Unterschiede gibt. Die Kanzlerin kann ein komplexes Staatswesen nicht führen wie die Aldi-Filiale um die Ecke

·Dem aufmerksamen Zeitungsleser ist die Kritik des Autors durchaus nicht unbekannt. Von Steuergesetzen, die selbst Steuerberater nicht mehr verstehen, hat man schon gehört, dass das Gezerre um das Dosenpfand und um den Elektroschrott zu teilweise grotesken Ergebnissen geführt hat, auch. Insofern bedient Brandes auch allgemein kursierende (Vor-)Urteile.

·Die Gesetze sind nicht deswegen so komplex, weil Politiker und Beamte unfähig wären, betriebswirtschaftlich zu denken, sondern weil die gesellschaftlichen Interessen ihren Niederschlag darin finden. Bürokratiekritik müsste also auch Selbstkritik der Gesellschaft sein.

·Brandes‚ Streitschrift, man muss es leider sagen, führt in die Irre. Er blendet die demokratietheoretische Dimension des Problems völlig aus. Und wären Gesetze, die den Leitlinien eines Lebensmittel-Discounters mit beschränktem Sortiment entsprechen, allen Ernstes erstrebenswert?

Zu dieser Rezension habe ich einen Brief an Volker Müller geschrieben, den er allerdings nicht beantwortet hatte:

Sehr geehrter Herr Müller,

mein Buch hat Sie zum Widerspruch herausgefordert. Das ist gut so. Ich las kürzlich irgendwo, dass es nicht lohne, ein Buch zu lesen, das nicht zum Widerspruch herausfordere.

Ihre Rezension wiederum regt mich an, Ihnen einige Fragen zu stellen. Ich möchte diesen Brief nicht als Leserbrief verstanden wissen, sondern einfach nur als eine Reaktion an Sie persönlich.

Sie erkennen ja an, dass Abgeordnete unsägliche Gesetze produzieren„, dass das Gezerre um Dosenpfand und Elektroschrott teilweise zu grotesken Ergebnissen geführt hat„.

Mit einer Vielzahl von Vorschlägen gehe ich konkret auf Beispiele ein und zeige alternative Lösungen und Handlungsmöglichkeiten auf. Diese allerdings erwähnen Sie nicht. Sie fragen stattdessen pauschal, ob die ≥Leitlinien eines Lebensmittel-Discounters für die Gesetzesarbeit erstrebenswert seien„. Wieso eigentlich nicht, wenn diese lauten: Klarheit der Ziele, Konzentration auf das Wesentliche und handwerklich saubere Arbeit?„

Sie schließen mit dem Fazit, dass meine Streitschrift in die Irre führe„.

Sind wir da nicht schon vielfach? Müssen wir nicht über neue Wege der Parlaments- und Regierungsarbeit nachdenken und nicht nur nachdenken, sondern auch konkrete Lösungen anbieten?

Können wir weiter hinnehmen, dass

  • der Vermittlungsausschuss über 6000 Seiten beraten muss?
  • Gesetze gemacht werden, die von unseren obersten Gerichten als unverständlich zurückgewiesen werden?
  • die Koalition vereinbart, das Steuerrecht zu vereinfachen, aber als ersten Akt mit dem Abzug der Handwerkerrechnungen ohne jede Not eine unsägliche Komplizierung beschließt?
  • wichtige Aufgaben nicht angepackt werden, aber Placebogesetze verabschiedet werden (so der Präsident der Bundesverfassungsgerichts),
  • Politiker und Parteien regelmäßig an Glaubwürdigkeit verlieren und inzwischen nur noch 35 Prozent der Bürger ihrer wichtigsten staatlichen Einrichtung, dem Parlament, vertrauen?

 

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Brandes