Institut für Einfachheit

Beratung nach dem Prinzip der konsequenten Einfachheit

Noch einmal: Bürokratie und Normenkontrollrat (NKR)

Artikel vom 06.07.2007

Viel Missverständnis um den Normenkontrollrat

Das Handelsblatt vom 6.7.2007 beschreibt die Arbeit des NKR in seinem Artikel „Im Paragrafendschungel“ von Klaus Stratmann. Es werden knapp 11 000 bundesrechtliche Vorschriften genannt, die Statistik- und Buchführungspflichten, Kennzeichnungs- und Nachweispflichten der Wirtschaft regeln. Hinzu kommt noch eine Unzahl länderspezifischer Vorschriften. Der Autor, aber auch der Gesetzgeber und seine Bürokratie-Verringerungsbeauftragten meinen, „ehe man die Lasten abbauen kann, muss man sie freilich messen“. 110 Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes betätigen sich ausschließlich als Bürokratiekostenerfasser und nutzen dafür das „Standardkostenmodell“ (SKM).

Ein erfolgreiches Beispiel der Arbeit des NKR wird angeführt: Der Entwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung der Holzabsatzfondsverordnung. Es geht darum, dass die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung von Betrieben der Forst- und Holzwirtschaft eine Abgabe erhebt. Die vereinnahmten Beträge fließen in den Holzabsatzfonds. Der Holzabsatzfonds hat die Aufgabe, den Absatz der deutschen Forstwirtschaft im In- und Ausland zu fördern. Die umsatzabhängigen Abgaben werden halbjährlich erhoben, sobald das Jahresaufkommen der Abgabe in einem Betrieb den Betrag von 100 Euro überschreitet. Der NKR setzte sich dafür ein, den Schwellenwert auf 500 Euro anzuheben. Das Ergebnis: 1136 Betriebe müssen ihre Abgabenermittlung nur noch jährlich statt halbjährlich an die Bundesanstalt melden. „Auf der Grundlage einer qualifizierten Schätzung von einem Zeitaufwand von 1,3 Stunden für die Erstellung der zweiten Meldung und Lohnkosten von 33,50 Euro je Stunde ergibt sich eine Gesamtentlastung für die Wirtschaft in Höhe von jährlich rund 50 000 Euro“, schreibt der NKR in seiner Begründung für die Anhebung des Schwellenwertes.

Würdigung dieses erfolgreichen Beispiels: Es ist erfreulich, 50 000 Euro einzusparen, vorausgesetzt die Rechnung ist realistisch. Eine völlig andere und weniger bürokratische, zeit- und kostenaufwendige Herangehensweise an dieses Thema könnte ein radikales Umdenken in der Bürokratiebekämpfung auslösen. Grundsätzlich ist immer zuerst nach dem Sinn und Ziel einer solchen Verordnung zu fragen. Also, warum und wofür muss die Bundesanstalt eine solche Abgabe erheben? Warum muss der Holzabsatz gefördert werden und wenn das sinnvoll sein sollte, muss das eine staatliche Einrichtung tun? Die Förderung ist ja auch eine Form von Subvention, die zu überprüfen wäre. Es spricht wahrscheinlich vieles dafür, die Abgabe und den Fonds aufzugeben. Dann hätte man das Maximale an Bürokratieeinsparung erreicht. Sollte nach natürlich gründlicher Prüfung das System aber so bestehen bleiben, so ist es eine grundlegende Pflicht und wäre ein Element guter Regierungskultur und -technik, das Verfahren so einfach wie nur irgend möglich zu gestalten. Dann hätte man ohne NKR darauf kommen müssen, dass die Schwelle 500 Euro betragen kann. Aber auch dem System „NKR“ muss man eine kritische Frage stellen. Kann man auf die Möglichkeit zur Veränderung des Schwellenwertes nicht auch schon dann kommen, wenn man allein die Frage danach stellt und ein wenig über den Sinn einer halbjährlichen oder jährlichen Erhebung nachdenkt. Dann müsste man die Kosten dafür gar nicht erst ermitteln. Dann wäre erheblicher Aufwand an Zeit und Geld gespart worden. Wenn andererseits der NKR auf das Ergebnis käme, dass eine halbjährliche Erhebung unbedingt notwendig sei, dann brauchte er dafür die Kosten nicht mehr ermitteln zu lassen.

Schlussfolgerung: In der Regel sind Kostenermittlungen des Normenkontrollrates überflüssig und damit unsinnig. Der ganze dafür von der Bundesregierung geschaffene Apparat im Kanzleramt, die Zuarbeiter in den Ministerien, die 110 zusätzlichen Kräfte im Statistischen Bundesamt und auch der neue Staatssekretärs-Ausschuss, das alles könnte entfallen. Ersetzt durch Denken und Kultur. Es ist falsch, dass „man die Lasten erst dann abbauen kann, wenn man sie gemessen hat“. Alle bestehenden Vorschriften und alle neuen Gesetze und Verordnungen müssen auf ihren Sinn und ihre Zielsetzungen hin untersucht werden. Dazu gehört dann als Selbstverständlichkeit, dass Regelungen nur das Notwendige und absolut Sinnvolle enthalten, also so einfach wie möglich ausgestaltet werden. Vielleicht verringern sich die vom Handelsblatt zitierten 10 945 Vorschriften auf dann nur noch 4 000 mit weniger Umfang. Ein weltweit bekannter Elektrokonzern wirbt seit einiger Zeit für seine Produkte mit dem Slogan „Sense and Simplicity“.