Markenwert: nur sinnvoll für Berater
Artikel vom 09.02.2006Am 30.1.2006 schreibt die FAZ über den Erfolgsfaktor Markenwert. Unternehmen bewerten ihre Marke. Zum Beispiel: was ist die Marke BMW wert? Losgelöst vom Unternehmen? Damit beschäftigen sich verschiedene Unternehmen und deren Berater. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhausCoopers (PwC)hat gemeinsam mit Professor Henrik Sattler (Universität Hamburg), der GfK und dem Markenverband eine Studie zur „Praxis von Markenbewertung und Markenmanagement in deutschen Unternehmen“ erstellt. Ein Ergebnis: Der Anteil des Markenwertes am gesamten Unternehmenswert stieg zwischen 1999 und 2005 von 56 auf 67 Prozent. Starke Marken werden für deutsche Unternehmen immer wichtiger, so der Kommentar der Studie.
Welch ein blühender Unsinn!
Erstens war die Marke immer wichtig für das Unternehmen. Wieso soll ihre Bedeutung in den letzten 6 Jahren um 9 Prozentpunkte oder 16 Prozent gestiegen sein? Zweitens erhebt sich die grundsätzliche Frage, ob eine Marke vom Unternehmen gelöst und davon unabhängig bewertet werden kann. Losgelöst hieße ja, BMW würde seine Marke an irgendjemanden verkaufen. Den Sinn, einen solch fiktiven Wert zu ermitteln, sollten PwC und sein Professor mal konkret begründen und nicht einfach so daherreden, das wäre wichtig. Verführt wurden sie sicherlich auch von verrückten Vorhaben, einen „Markenwert“ gesondert zu bilanzieren. Diese Absicht hat ihren Ursprung in der Bilanzierung von Firmenwerten bei Unternehmenskäufen. Das macht die Ermittlung von Markenwerten aber noch lange nicht sinnvoll. Ich stelle mir vor, mein geschätzter Marzipanproduzent Niederegger würde seine Marke nach Saudi-Arabien verkaufen. Wie geht das dann weiter mit dem Unternehmen? Sollen wir uns die sinnlose Mühe machen und Zeit totschlagen, indem wir irgendwelche Szenarien und Alternativen weiterverfolgen? Etwa, was mit der Marke Niederegger in Saudi Arabien und mit dem dann namenlosen Unternehmen ohne Marke in Lübeck passiert?
Jutta Meininger, Partnerin bei PwC im Bereich Advisory hat dem Artikel zufolge ermittelt, dass vier von fünf Unternehmen Markenbewertungen zur Steuerung und Kontrolle der Marken durchführen, was im übrigen ein Widerspruch zu anderen Erhebungen ist (siehe unten). Meine Phantasie reicht nicht aus zu ergründen, wie BMW seine Marke nun besser steuern und kontrollieren kann, wenn die Firma den Wert der Marke kennt. Mein Verstand sagt mir, dass sie gute Produkte herstellen müssen, die ihre Kunden wünschen und mit denen sie die Kundenerwartungen erfüllen oder übertreffen können. Zwar halten 80 Prozent der Führungskräfte der befragten Unternehmen ihre Marken für wichtig und sehr wichtig für den Unternehmenserfolg. Das ist verständlich, gut begründbar, und war immer so. Das ist nicht neu, es heißt aber nicht, dass man die Marke bewerten muss.
Nun soll es nach der Studie auch Skeptiker geben. Nur 23 Prozent ließen ihre Marken bewerten, 40 Prozent lehnen eine Bewertung ab. Trotz der Scharlatane in der Beratung und Marktforschung gibt es also genügend Vernünftige.
Frau Meininger meint allerdings, dass ein dringend erforderliches wertorientiertes Markenmanagement nur sinnvoll umgesetzt werden kann, wenn es gelingt, die Skepsis gegenüber den Bewertungsverfahren zu verringern.